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Was ist eine Zinswende?

Zinswende: Ein Mann sitzt vor seinem Laptop Unsplash / austin distel

Nachdem Anleger:innen sich 11 Jahre lang über historisch niedrige Zinsen ärgern mussten, wurden seit dem Jahr 2022 die Zinsen kontinuierlich gesteigert. Doch damit ist jetzt Schluss. Die nächste Zinswende bahnt sich an. Doch was versteht man darunter eigentlich und welche Folgen kann eine solche Zinswende haben? Das verraten wir dir in diesem Artikel.

Was ist der Leitzins?

Bei der Frage, was eine Zinswende ist und welche Folgen sie mit sich bringt, ist es wichtig zu verstehen, was es überhaupt mit Zinsen auf sich hat. Denn hinter diesem Begriff steckt deutlich mehr, als bloß die Konditionen deines Sparbuchs oder Tagesgeldkontos.

Ausschlaggebend für Kredit- und Sparzinsen ist der sogenannte Leitzins. Dieser wird für den Euroraum, also für alle Länder, die den Euro als Währung haben, von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt. 

Der Leitzins ist ein festgelegter Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei den Zentralbanken Geld leihen oder anlegen können. Also beispielsweise die Haspa bei der EZB. Der Leitzins dient dabei der Geldmarktsteuerung. Das bedeutet, dass durch den Zins die Wirtschaftslage, die Inflation und der Kurs von Währungen beeinflusst werden kann. Dadurch ist der Leitzins eines der schärfsten Werkzeuge der EZB

Zinswende: Was macht die EZB?

Eine der Hauptaufgaben der EZB ist die Festlegung und Ausführung der Geldpolitik für das Euro-Währungsgebiet. Das beinhaltet vor allem die Gewährleistung der Preisniveaustabilität. Kommt es nun beispielsweise durch eine Inflation zu einem starken Anstieg des Preisniveaus, ist es die Aufgabe der EZB, dem entgegenzuwirken.

Um gegen die Inflation anzukämpfen, ist die größte Stellschraube, an der die EZB drehen kann, der Leitzins. Obwohl das nicht ganz korrekt ist. Denn streng genommen hat die EZB gleich 3 verschiedene Leitzinssätze:

  • Hauptrefinanzierungssatz: Dieser gibt vor, zu welchen Konditionen sich Banken mittelfristig bei der EZB Geld leihen können. 
  • Spitzenfinanzierungssatz: Der Zinssatz, zu dem sich Banken kurzfristig Geld leihen können. 
  • Einlagenzins: Er fällt an, wenn Banken ihr überschüssiges Geld über Nacht bei der Zentralbank parken.

Alle diese 3 Zinssätze haben unterschiedliche Funktionen und Auswirkungen auf Sparer:innen und Anleger:innen. 

Was ist mit einer Zinswende gemeint?

Nachdem die EZB in den vergangenen Monaten eine Zinspause eingelegt, also den Leitzins weder erhöht noch gesenkt hatte, ist jetzt wieder das Wort Zinswende in aller Munde. Damit ist eine einschneidende Veränderung in der Zinspolitik der EZB gemeint. 

Während der Leitzins seit Anfang der 2010er Jahre bei 0 % lag, änderte sich die Zinspolitik der EZB im Jahr 2022 deutlich. Aufgrund hoher Inflation im Euroraum wurden die Zinsen merklich angehoben, der Volksmund sprach von einer Zinswende. Durch die Leitzinserhöhung sollte die Inflation gebremst werden. Mit Erfolg. Im März 2024 lag die Inflation nur noch bei 2,2 %. Ein Wert, der sich in Richtung Idealvorstellung der EZB bewegt.

Aufgrund der rückläufigen Inflation rechnen viele Expert:innen auch mit einem rückläufigen Leitzins, also gleichbedeutend mit einer erneuten Zinswende.

Zinswende:  Männerhand scrollt auf Smartphone
S-Com / Westend61 GmbH / ADDICTIVE STOCK CREATIVES

Was passiert, wenn der Leitzins steigt?

Wenn sich der Zins ändert, hat das auch immer Auswirkungen auf Anleger:innen und Sparer:innen. Generell gilt: Bei einer Zinserhöhung wird es für Banken teurer, sich Geld bei einer Zentralbank zu leihen. Das führt dazu, dass die Preise für Kredite steigen und deshalb auch weniger Kredite abgeschlossen werden. Es ist also weniger Geld im Umlauf und jeder Euro wird wieder mehr wert, die Verbraucherpreise werden günstiger.

Durch einen steigenden Leitzins erhöhen sich aber auch die Zinsen auf Produkte wie Festgeld, Tagesgeld oder Anleihen. Das hat zur Folge, dass mehr gespart und weniger investiert wird. Höhere Zinsen führen also zu weniger Konsum. Dadurch können Unternehmen keine Preissteigerungen mehr durchsetzen und so sinkt die Inflationsrate.

Was passiert, wenn der Leitzins sinkt?

Es ist stark davon auszugehen, dass im Rahmen der anstehenden Zinswende, die Europäische Zentralbank den Leitzins wieder senken wird. Ein niedriger Leitzins hat zur Folge, dass sich Banken wieder günstiger, also zu einem niedrigeren Zinssatz, von einer Zentralbank Geld leihen können. Das bedeutet, dass sie auch ihren Kund:innen bessere Kreditzinsen anbieten können. Das würde sich zum Beispiel auch positiv auf die Bauzinsen auswirken; der Hausbau könnte so wieder deutlich erschwinglicher werden.

Wenn der Leitzins fällt, fallen allerdings auch die Zinsen auf Sparguthaben. Anlageprodukte, wie Festgeldkonten, Tagesgeldkonten oder auch Anleihen, würden in ihrer Attraktivität einbüßen. Sobald es sich nicht mehr so richtig lohnt, Geld auf dem Konto aufzubewahren, wird es eben lieber ausgegeben. Das kurbelt die Wirtschaft an, es steigen aufgrund der höheren Nachfrage aber auch die Verbraucherpreise. 

Da der Markt für Aktien belebt wird, können sich risikoreichere Investments wieder lohnen. Doch durch das Wirtschaftswachstum ist auch jeder Euro etwas weniger wert, die Gefahr einer höheren Inflation steigt und damit auch die Wahrscheinlichkeit, einer erneuten Zinswende.

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Zinswende: Was muss ich beachten?

Natürlich hat niemand eine Glaskugel, um zu wissen, was als Nächstes mit dem Kapitalmarkt im Allgemeinen und dem Leitzins im Speziellen passiert. Der Markt unterliegt zu großen Teilen auch politischen Ereignissen, die man einfach nicht vorhersehen kann. Dennoch scheint die aktuelle Zinspause der Europäischen Zentralbank ein Indiz dafür zu sein, dass die nächste Zinswende unmittelbar bevorsteht. Doch was bedeutet das für Sparer:innen, Verbraucher:innen und Co.?

Erstmal: Es besteht kein Grund zur Panik. Nur weil die Sparzinsen perspektivisch wieder zurückgehen werden, bedeutet das nicht, dass du jetzt direkt dein ganzes Erspartes in andere Anlageklassen umschichten musst. Vermutlich könnte die erste Anpassung des Leitzinses nur circa 0,25 Prozentpunkte betragen. Du musst also keine Angst haben, dass sich der Markt von heute auf morgen schlagartig wandelt und du den richtigen Zeitpunkt verpasst, dein Vermögen neu zu strukturieren.

Auch wenn dich die niedriger werdenden Sparzinsen vielleicht ärgern: Behalte immer im Hinterkopf, dass die Inflation ja im Jahr 2024 auch wieder unter einem Wert von 2,5 % liegt. Du musst dir also keine großen Sorgen machen, dass dein Vermögen weniger wird, nur weil du auf dein Tagesgeld nun eine bisschen geringere Rendite einfährst. Wenn du dir dennoch unsicher bist, könntest du deinen Blick beispielsweise mehr auf Anlageformen wie Aktien legen, denn der Aktienmarkt profitiert zumeist von einem niedrigeren Leitzins.